Die Äquatortaufe (auch Linientaufe genannt) ist ein weltweit
übliches Ritual unter Seeleuten, wenn ein Besatzungsmitglied oder ein Passagier
das erste Mal auf einem Schiff den Äquator überquert. Der Brauch hat seinen
Ursprung in der Zeit der Entdeckungsreisen der Portugiesen. Der Täufling wird
von (einem verkleideten) Neptun mit Fischöl, Rasierschaum und anderen
„stinkenden“ Substanzen „eingeseift“
und anschließend gebadet und gereinigt. Zumeist wird dabei reichlich
Alkohol – früher auch Öl oder andere Brennstoffe– verabreicht. Am Ende der
Zermonie bekommt der Täufling eine Urkunde über seine Taufe überreicht.
Das Ritual der Äquatortaufe wurde auch seit Beginn des
Bestehens von den verschiedenen deutschen Kriegsmarinen gepflegt, bis sie durch
Weisung des Inspekteurs der Marine im Jahr 2011 offiziell abgeschafft wurde.
Beschreibung der Urkunde
Vorgestellt wird hier die Taufurkunde des damaligen Fähnrich
Albrecht Picht, der am 19. Januar 1914 an Bord von SMS Gneisenau den Äquator
überquerte und über seine erfolgte Taufe eine Urkunde erhielt. Die Urkunde, ca.
39 cm x 53 cm groß, ist neu gerahmt und zeigt, umschlungen von einem Tau, das
Meer, in dem verschiedene Meerestiere, Nixen und ein Triton (Meeresgott)
schwimmen. Unten rechts findet sich am Meeresgrund der Palast des Neptun. Oben
rechts auf der Wasserfläche schwimmt die SMS Gneisenau, davor eine blaue Linie,
den Äquator symbolisierend. Zentral findet sich das ca. 20 cm x 25 cm messende,
von einer Ankerkette umschlossene Schriftfeld mit folgendem Text:
Wir, Neptun, der unüberwindliche Herr aller Meere, der
alleinige Herrscher aller Tritonen, Nixen, Seeteufel, Teiche, Pfützen und
Rinnsteine, tun durch dieses Manifest kund, dass der Seefahrer Albrecht Picht
am heutigen Tage auf 0 Crad Breiten u. 105 Grad 8,5 Min. östl. Länge den
Äquator passiert hat und wir an ihm auf Grund der uralten Meeressatzungen die
Linientaufe vollzogen haben. So gegeben urkundlich mit Unserer allerhöchst
eigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Insiegel.
An Bord S.M.S. Gneisenau, den 19. Januar 1914
Unten: Unterschrieben ist die Urkunde von Kapitän zur See Wilhelm
Brüninghaus, dem Kommandanten der SMS Gneisenau.
Die SMS Gneisenau
Bei der SMS Gneisenau handelte es sich um einen am
14.06.1906 vom Stapel gelaufenen Großen Kreuzer der Scharnhorst-Klasse. Die SMS
Gneisenau gehörte ebenso wie die SMS Scharnhorst ab 1909 zum deutschen
Kreuzergeschwader mit Stützpunkt in Tsingtau. Bei Beginn des 1. Weltkriegs
befanden sich beide Schiffe auf einer Inspektionsfahrt im Pazifik. Aufgrund des
zu erwartenden Kriegseintritts Japans auf Seiten der Entente war die Rückkehr
zum Stützpunkt Tsingtau unmöglich geworden. Vizeadmiral von Spee, Befehlshaber
des Kreuzergeschwaders, entschloss sich daraufhin den Kleinen Kreuzer SMS Emden
zum selbständigen Kreuzerkrieg in den Indischen Ozean zu entlassen und mit dem
übrigen Geschwader, das nun neben dem Flaggschiff SMS Scharnhorst und SMS
Gneisenau aus den kleinen Kreuzern SMS Nürnberg, SMS Dresden und SMS Leipzig
bestand, zu versuchen, über den Pazifik und um Kap Horn herum in die Heimat zu
gelangen. Dabei sollte der Gegner unterwegs möglichst stark geschädigt werden.
Über die Marshallinseln, Samoa, Tahiti und die Osterinseln
erreichte das Geschwader die Westküste Südamerikas. Dort traf man am 1.
November 1914 bei Coronel auf ein britisches Geschwader unter dem Kommando von
Vizeadmiral Cradock. Es kam zu einem Seegefecht, das die Deutschen in kurzer
Zeit zu ihren Gunsten entscheiden konnten, obgleich sehr starker Seegang und
starker Wind das Artilleriefeuer sehr erschwerten. Die britischen Panzerkreuzer
Good Hope und Monmouth wurden versenkt, wobei die SMS Gneisenau erst hauptsächlich
auf die Monmouth, zwischendurch aber auch auf die Good Hope schoss, als
letztere beim verzweifelten Versuch, in Torpedoreichweite zu gelangen, auf die
deutsche Linie zufuhr. Die Monmouth wurde vom Feuer der SMS Gneisenau so schwer
beschädigt, dass es dem weit unterlegenen Kreuzer SMS Nürnberg danach ein
Leichtes war, in der Dunkelheit die Monmouth zu versenken. Dem leichten Kreuzer
Glasgow gelang, leicht beschädigt, die Flucht. Der Hilfskreuzer Otranto war
schon vorher abgelaufen.
Nachdem man am 4. November in Valpataiso die Vorräte ergänzt
hatte, setzte das Geschwader seine Fahrt südwärts fort. Anfang Dezember
erreichte es Kap Horn. Nach
einer letzten Kohlenübernahme wollte der Admiral am Morgen des 8.Dezember 1914
die Funkanlagen der Falklandinseln zerstören und sich der dortigen
Kohlenvorräte bemächtigen. Außerdem war geplant, den britischen Gouverneur
gefangenzunehmen.
Die britische Marine hatte
jedoch mittlerweile auf die Niederlage von Coronel reagiert und weitere Kräfte
in den Südatlantik geschickt. Die britische Kampfgruppe war mit ihren
Schlachtkreuzern HMS Invincible und HMS Inflexible sowie drei Panzerkreuzern
und 2 leichten Kreuzern den deutschen Schiffen an Geschwindigkeit und
Bewaffnung weit überlegen. Dieser Verband lag nun -von den Deutschen nicht
erkannt- zufällig gerade zu dem Zeitpunkt im Hafen der Falklandinseln, als der
deutsche Angriffsversuch erfolgte.
Links: Albrecht Picht
Dabei spielte die SMS Gneisenau eine besondere Rolle, als
sie zusammen mit dem Kleinen Kreuzer SMS Nürnberg zur Erkundung vorgeschickt
wurde. Die britischen Schiffe, die sich in einer ungünstigen Lage befanden, da
sie zur Kohlenübernahme festgemacht in den engen Hafengewässern lagen, konnten
dennoch schnell genug den Hafen verlassen, um den fliehenden deutschen Schiffen
nachzusetzen. Zunächst versuchte Graf Spee, mit seinen Schiffen nach Osten zu
entkommen, bis zum Mittag hatten die Briten jedoch aufgeholt. Die drei Kleinen
Kreuzer wurden daraufhin von Graf Spee aus dem Verband entlassen und drehten
nach Süden ab, wurden aber sogleich von den britischen Panzerkreuzern verfolgt,
während SMS Scharnhorst und SMS Gneisenau, von Invincible, Inflexible und Carnarvon
angegriffen, die Kleinen Kreuzer zu entlasten versuchten. Auffallend war, dass
die britischen Schiffe, obwohl weit überlegen, sich keinerlei Risiken
aussetzten und das Gefecht nur auf große Entfernung mit entsprechend hohem
Munitionsverbrauch führten, so dass die deutschen Panzerkreuzer zeitweise nur
mit den beiden schweren Türmen antworten konnten. Die Scharnhorst ging um 16.17
Uhr mit Admiral Graf Spee und ihrer gesamten Besatzung von 860 Mann unter. Die Gneisenau
wurde um 18.02 Uhr, nach stundenlangem Beschuss durch Invincible, Inflexible
und Carnarvon, durch die eigene Besatzung selbst versenkt, nachdem sämtliche
Munition verschossen war. Sie rollte erst über und sank dann übers Heck. Nur
187 Besatzungsmitglieder überlebten den Untergang. Das offizielle britische
Seekriegswerk (Corbett) vermerkt hierzu, an Haltung seien die Besatzungen der
deutschen Schiffe selten übertroffen worden. Und Admiral Sir Sturdee schrieb an
den überlebenden 1. Offizier der Gneisenau, Pochhammer: „...wir alle empfinden , dass die 'Gneisenau' bis zum Ende sehr tapfer
gefochten hat. Wir bewundern die guten artilleristischen Leistungen beider
Schiffe sehr und bedauern ... den Tod Ihres Admirals und so vieler Offiziere
und Männer...“.
Von den kleinen Kreuzern entkam zunächst nur die schnelle Dresden
in die chilenische Inselwelt, bis sie dort nach vier Monaten von britischen
Seekräften ebenfalls aufgespürt und vernichtet wurde.
Das Schicksal von Albrecht Picht
Und was wurde aus Albrecht Picht? Picht, geboren am
13.08.1892 in Stuttgart, gehörte seit Oktober 1913 zum Stab der S.M.S.
Gneisenau und hat in der Folgezeit an allen Fahrten dieses Schiffes teilgenommen.
Auch den Seesieg bei Coronel erlebte er an Bord dieses Schiffes. Er war als
Beobachtungsoffizier im Vormars eingesetzt und schrieb nach der Schlacht an
seine Eltern einen Brief, in dem er seine Eindrücke von der Schlacht begeistert
schilderte. Unter anderem schrieb er: „Endlich die Feuertaufe empfangen. Der
gestrige Tag war der Schönste meines Lebens“. Auch in der Falklandschlacht war
er wieder als als Beobachtungsoffizier im Vormars eingesetzt und wurde am Hals
schwer verletzt. Trotz starkem Blutverlust blieb er bis zu Untergang des
Schiffes auf seinem Posten. Den Untergang des Schiffes überlebte er zunächst
und wurde von der Besatzung der englischen Invincible aus dem Wasser gezogen,
verstarb dann jedoch in der folgenden Nacht.
Für seinen Einsatz wurde ihm das EK II verliehen.
Author ofthe above article is Stefan Ommert
Stefan Ommert is also the author of Recon for Rommel - the 2.(H)/14 -Air Recon flyers in Africa
The document promoting Picht to the rank of Leutnant zur Zee